Wohnimmobilienkreditrichtlinie: WIKR;
Die Bundesregierung reagiert auf die Kritik der Banken und Immobilienwirtschaft.

Die Bundesregierung reagiert auf die Kritik an der unglücklichen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vergabe von Immobilienkrediten. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch den 21.12.2016 Klarstellungen zu den seit März 2016 geltenden strengeren Vorgaben.

Die seit März geltenden strengeren Vorgaben für die Kreditvergabe an Immobilienkäufer werden daher überarbeitet. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin Klarstellungen zur "Wohnimmobilienkreditrichtlinie" der EU.

Das Kabinett ließ einen Entwurf passieren, der Rechtsunsicherheit bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten beseitigen und so Familien und Senioren den Weg zum Eigentum wieder erleichtern soll.

Der Entwurf entschärft die Regelung zur Kreditwürdigkeitsprüfung. So dürfen Wertsteigerungen von Wohnimmobilien infolge von Umbauten und Renovierungen wieder berücksichtigt werden. Außerdem sollen das Bundesfinanz- und das Justizministerium "Leitlinien" für die Prüfung erarbeiten. Das soll in eine neue Verordnung eingearbeitet werden. Diese könnte im Frühjahr 2017 kommen. Offen bleibt noch, wie Banken zukünftig bei einer Anschlussfinanzierung prüfen sollen.

Das Finanzministerium in Berlin teilte mit, dass die bestehenden Regelungen präzisiert und die Rechtssicherheit erhöht werden soll, um die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten zu erleichtern. Damit reagiert die Bundesregierung auf die Kritik vor allem aus der Finanz- und Immobilienwirtschaft.

Es gehe um Klarstellungen wie etwa zur Möglichkeit, "Wertsteigerungen von Wohnimmobilien durch Bau- und Renovierungsmaßnahmen im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung zu berücksichtigen". Das Finanz- und das Justizministerium sollen zudem per Rechtsverordnung Leitlinien zur Kreditwürdigkeitsprüfung festlegen.

Hintergrund ist eine seit März geltende EU-Richtlinie, mit der eine zu großzügige Vergabe von Darlehen für den privaten Wohnungsbau und damit eine Immobilienblase verhindert werden soll. Auch deutsche Kreditinstitute sind verpflichtet, die Kreditwürdigkeit von Kunden noch genauer zu prüfen.

Wirtschaftsverbände, Länder und Vertreter der Koalition hatten der Bundesregierung vorgeworfen, bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie überzogen zu haben. Vor allem ältere Menschen ab 60 und junge Familien hätten Probleme, Darlehen für die eigenen vier Wände zu bekommen. Von einem Einbruch bei Wohnimmobilien-Krediten wegen der Richtlinie war die Rede. Zahlen belegten diesen aber kaum oder gar nicht.

Die Änderungen an der WIKR hält Thilo Wiegand, Vorstandsvorsitzender des Finanzmarktplatzes Europace, für "dringend erforderlich, damit die Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen wieder rückgängig gemacht wird". Eine Auswertung von Finanzierungen, die über Europace abgeschlossen wurden, hat ergeben, dass nach Einführung der WIKR am 21. März 2016 die Zahl der durch die Darlehensgeber abgelehnten Finanzierungsanfragen der über 60-Jährigen um 18,5% gestiegen ist. Keine negativen Auswirkungen konnten dagegen bei der Kreditgewährung für junge Familien nachgewiesen werden. Innerhalb der Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigen hat sich das Baufinanzierungsvolumen in den sechs Monaten nach WIKR-Einführung sogar um 8,5% erhöht.
(Quelle europace.de)

Nach den Vorgaben der seit März 2016 gültigen WIKR dürfen Darlehen nur gewährt werden, wenn die laufenden Einnahmen der Kunden reichen, um zu Lebzeiten das Geld zurückzuzahlen. Banken können nicht mehr darauf bauen, dass die Immobilie selbst eine Sicherheit ist und zu Geld gemacht werden könnte. Hat eine Bank gegen Dokumentationspflichten verstoßen, kann der Kunde den Kreditvertrag jederzeit kündigen und Schadenersatz fordern.

In erster Linie ging es dem Gesetzgeber darum, den Verbraucher vor dem Verlust seiner Immobilie zu schützen. Deshalb wurde der Blick auf die Bonitätsprüfung stark geschärft. Banken, die die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden nicht ausreichend prüfen, werden bestraft. Im Ergebnis sollten nur noch diejenigen einen Hauskredit erhalten, die ihn sich auch leisten können. "Verbraucher sollen nicht sehenden Auges in eine Situation geraten, an deren Ende der Verlust der Immobilie oder wirtschaftliche Schäden entstehen", teilt ein Sprecher des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) mit.

Schlecht umgesetzt ist die EU-Richtlinie, weil der Gesetzgeber zu ungenau formuliert hat: So dürfen Baufinanzierungen nur noch vergeben werden, wenn die Rückzahlung wahrscheinlich ist und der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen voraussichtlich nachkommen kann. Welche Faktoren zur Beurteilung herangezogen werden, obliegt dem jeweiligen Kreditinstitut. Darüber hinaus darf die Kreditwürdigkeitsprüfung nicht hauptsächlich darauf gestützt werden, dass der Wert des Sicherungsobjekts zunimmt bzw. den Darlehensbetrag übersteigt wie dies bisher üblich war. Hier habe der deutsche Gesetzgeber laut BMJV-Sprecher "bewusst" von einer Ausnahmeregelung in der EU-Richtlinie keinen Gebrauch gemacht, die bei Bauvorhaben und Renovierungen dem Sicherheitenwert eine tragende Rolle bei der Kreditwürdigkeitsprüfung zugestanden hätte.

Die Vorgabe ist nach Ansicht des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) im Grundsatz vernünftig, führte jedoch in bestimmten Fällen dazu, dass Banken wirtschaftlich vertretbare Kreditwünsche nicht mehr bedienen durften. So musste die Bank z.B. einen Kreditwunsch zum altersgerechten Umbau des Wohneigentums ablehnen, wenn der Kredit nicht innerhalb der statistischen Lebenserwartung zurückgezahlt werden konnte. Dies gilt auch wenn das voraussichtlich verbleibende Restdarlehen bei weitem durch den Wert der Immobilie abgedeckt war.

Der BVR hielt es daher für dringend erforderlich, dass der deutsche Gesetzgeber die in der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie möglichen Ausnahmen auch anwendet, teilt eine Sprecherin mit. In das gleiche Horn blasen der Verband der Sparda-Banken und der Genossenschaftsverband Bayern, die eine umgehende Korrektur des Gesetzestexts fordern, damit die Banken bei der Kreditprüfung wieder berücksichtigen dürfen, dass dem Kredit mit der Immobilie ein handfester Gegenwert gegenübersteht.

Zur Umsetzung der WIKR in deutsches Recht hatte der Gesetzgeber das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert.

Zum Thema Kreditvergabe: Banken dürfen Immobiliendarlehen nur vergeben, wenn es "wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen, vertragsgemäß nachkommen wird" (§ 505a Abs. 1 BGB). Daraus leiten Banken z.B. die Ablehnung von Krediten für ältere Menschen ab. Diese könnten vor Ende der Tilgungsfrist sterben und so den Vertrag nicht mehr erfüllen.

Thema Kreditwürdigkeit: Diese ist "auf der Grundlage notwendiger, ausreichender und angemessener Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie anderen finanziellen und wirtschaftlichen Umständen des Darlehensnehmers eingehend" zu prüfen (§ 505b Abs. 2 BGB). Wesentlich sind Faktoren, "die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann".

Die Kreditvergabe darf "nicht hauptsächlich darauf gestützt werden, dass ... der Wert des Grundstücks oder des Gebäudes oder grundstücksgleichen Rechts voraussichtlich zunimmt oder den Darlehensbetrag übersteigt".

Statt wie früher einen großen Teil des Darlehens (meist 80 %) auf die Immobilie abzustellen, kommt es jetzt also in erster Linie auf die Bonität des potenziellen Darlehensnehmers an. Das Gesetz lässt offen, wie die Bonität zu prüfen ist. Kreditgeber nutzen den Freiraum für viele, auch sehr persönliche Fragen. Die Banken müssen Prüfkriterien festlegen, die Prüfung dokumentieren und Unterlagen aufbewahren (§ 505b Abs. 4 BGB).

Konsequenzen für Kreditgeber bei Missachtung:

Der Darlehensnehmer kann den Darlehensvertrag jederzeit fristlos kündigen; ein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung besteht nicht. Darüber hinaus bekommt der Verbraucher den über dem tatsächlichen Marktzins liegenden Zinsanteil erstattet (§ 505d BGB). Das kann für Banken sehr teuer werden. Deshalb agieren sie vorsichtig und lehnen Kreditanträge nun eher ab. Das soll Klagen von Kunden wegen angeblicher schlechter Beratung vorbeugen. Als Beispiel verweisen die Institute auf die zahlreiche Prozesse wegen möglicher Formulierungsfehler in Widerrufsklauseln von Immobilienverträgen.

Ob die beabsichtigten Änderungen zu einer Umkehr führen ist jedoch fraglich da weiteres Ungemach droht. Zukünftig soll die Finanzaufsicht Bafin bei Immobilienblasen schneller eingreifen können.

Nach dem Gesetzentwurf sollen vorsorglich zur Gefahrenabwehr wiederum höhere Hürden für neue Kredite für Wohnimmobilien möglich sein.

Die Sparkassen kritisierten, dass Erleichterungen für Häuslebauer in einem Atemzug mit neuen Regularien für die Wohnungsbaufinanzierung verknüpft würden. Das "Vorratsgesetz" zur Verhinderung von Immobilienblasen schaffe neue bürokratische Hürden, die Kreditvergabe völlig unnötig erschwerten.

Das Bundesfinanzministerium wies die Kritik zurück. Es gebe keinen Widerspruch, sagte Sprecherin Friederike Tiesenhausen. Das eine sei eine Präzisierung, das andere eine präventive Maßnahme für die Zukunft. Es gebe derzeit keine Lage am Immobilienmarkt, die den Einsatz solcher Vorsorge-Instrumente rechtfertigen würde.

Das Hauptproblem dürfte hierbei sein, dass niemand weiß wie eine Immobilienblase wirklich definiert ist. So schreibt das Forschungsinstitut Empirica:
"Andererseits gibt es aber keine allgemein anerkannte Definition für eine Preisblase. Die Wahrscheinlichkeit für eine Blase ist aber umso höher, je eher
• die Kaufpreise schneller als die Mieten steigen,
• die Kaufpreise schneller als die Einkommen steigen,
• in spekulativer Erwartung immer mehr Wohnungen gebaut werden,
• immer mehr Kredite aufgenommen werden.

Diese vier Indikatoren - Vervielfältiger, Preis-Einkommens-Verhältnis, Fertigstellungen je Einwohner und Wohnungsbaukredite relativ zum BIP - beobachtet der empirica-Blasenindex vierteljährlich. Die (regionale) Blasengefahr steigt dann, wenn die entsprechenden Vergleichswerte aus dem Jahr 2004 bzw. die empirica-Neubauprognose signifikant überschritten werden. Das Jahr 2004 steht für eine "Normalphase", in der niemand eine Preisblase vermutet hat und der Markt eher leicht unterbewertet war."

Quelle: http://www.empirica-institut.de/thema/regionaldatenbank/index-immobilien-preisblasen/

Sollten jedoch tatsächlich Maßnahmen wie z.B. Beleihungsobergrenzen eingeführt werden, so wird dies nach Meinung vieler Marktteilnehmer sicherlich Auswirkungen auf die Verkehrswerte von Immobilien haben mit teils drastischen Preisrückgängen.

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